"In tempore frederici imperatoris et papam in concordiam non habemus". Zur Wahrnehmung und Bewältigung des Alexandrinischen Schismas in Italien (1159-1177).
Das Alexandrinische Schisma (1159-1177) hat mit seinen tiefgreifenden reichs- und kirchenpolitischen Auswirkungen die Mediävistik seit dem 19. Jahrhundert ebenso dauerhaft beschäftigt wie die Auseinandersetzung Friedrich Barbarossas mit den oberitalienischen Kommunen. Trotz einer beachtlichen Reihe inzwischen vorliegender Detailstudien wie etwa der Habilitationsschrift Johannes Laudages zu Alexander III. und Friedrich Barbarossa (Köln 1997) fehlen Untersuchungen, die in Ergänzung zur bislang vorherrschenden Bearbeitung des Themas aus der Perspektive der Kaiser- und Papstgeschichte die regionalen Auswirkung dieser hochpolitischen Vorgänge eingehender betrachten.
Dabei lässt sich gerade an regionalen Fallstudien überprüfen, wie die von beiden Parteien beanspruchte Obödienz im konkreten Fall um- oder durchgesetzt wurde und ob sich der Zwang zu einer Entscheidung für Alexander III. oder aber die Partei Kaiser Friedrich Barbarossas und der insgesamt drei von ihm protegierten Gegenpäpste (Viktor IV., Paschalis III. sowie Calixt III.) tatsächlich immer in dieser zugespitzten Form ergab, wie es uns die zum Teil recht offiziösen historiographischen Werke und die Verlautbarungen aus der kaiserlichen oder päpstlichen Kanzlei suggerieren.
Die Dissertation untersucht an Fallbeispielen aus Ober- und Mittelitalien, welches Echo das Alexandrinische Schisma auf regionaler Ebene erfahren hat und welche Handlungsstrategien und -spielräume einzelne Gruppen, vornehmlich der Geistlichkeit im Umgang mit dieser kirchenpolitischen Krise entwickeln konnten, die vom politischen Exil über eine opportunistische bzw. flexible Haltung bis hin zum dezidierten, aber je nach Umständen schwierigen Versuch einer kirchenpolitischen Neutralität eine breitgefächerte Typologie erkennen lassen. Methodisch wird hierbei grundsätzlich zwischen Formen einer Gegenwarts bzw. einer Vergangenheitsbewältigung unterschieden, welche ganz unterschiedliche Bereiche berühren, die sich von der Erinnerung und Beurteilung jener Jahre etwa in Zeugenverhören über Instrumentalisierung des Schismas als Argument in besitzrechtlichen Auseinandersetzung bis hin zu prosopographischen Fragen hinsichtlich der Reintegration ehemaliger Schismatiker erstreckt. Daneben werden am Beispiel prosopographischer Studien zu ausgewählten Vertretern der Geistlichkeit die Karrieren einzelner Entscheidungsträger über den gesamten Zeitraum des Schismas verfolgt, um auch am individuellen Beispiel Kontinuitäten und Brüche in der Auseinandersetzung mit dem Schisma aufzuzeigen.
Als Quellengrundlage dienen der Untersuchung neben den bekannten historiographischen Werken sowie den Kaiser- und Papsturkunden vor allem die Urkunden verschiedener geistlicher Institutionen ober- und Mittelitaliens, ferner eine in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stärker einsetzende prozessuale Dokumentation in Form von Zeugenverhören aus der Zeit vor und nach dem Frieden von Venedig, sowie - in Ergänzung - epigraphisches und hagiographisches Quellenmaterial.