© Thomas Hartmann, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Im römisch-deutschen Reich des Mittelalters waren Herrschaftswechsel an der Tagesordnung. Herrschaft wurde vererbt, verkauft, verpfändet und erobert, was Folgen für die politischen Strukturen und Untertanen nach sich zog. Für Städte konnten solche Veränderungen bedeuten, dass die kommunalen Handlungsspielräume eingeschränkt oder gar der städtische Status auf den Prüfstand gestellt wurde. Im Mittelpunkt des beantragten Projekts steht daher die Frage, wie sich solche Herrschaftswechsel auf das urbane Zusammenleben auswirkten. Diese Fragestellung wird im Zeitraum von 1250–1520 am Beispiel südwestdeutscher Städte untersucht, insbesondere anhand der Städte der Grafen von Nassau, die durch Landesteilungen in neue räumliche Zusammenhänge gerieten, anhand der Städte des Erzstifts Mainz, die sich durch die Wahl ihres geistlichen Stadtherrn fortlaufend Herrschaftswechseln ausgesetzt sahen, und anhand verpfändeter Reichsstädte, die eine Transformation hin zu kurpfälzischen oder kurtrierischen Territorialstädten erfuhren. Der Vergleich dieser drei Städtegruppen bietet einen Einblick in das Spektrum städtischer Resilienz und in die Effekte von Herrschaftswechseln auf die urbane Gesellschaft.
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Das Projekt ist im Profilbereich „40.000 Years of Human Challenges“ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angesiedelt. 
Obwohl sich die Gender Studies innerhalb der Geschichtswissenschaft mittlerweile längst als Teildisziplin etabliert haben, stellen entsprechende Themen und Fragestellungen für die Landesgeschichte nach wie vor ein Desiderat dar. Auseinandersetzungen mit dem historischen Wirken von Frauen gibt es nur in seltenen Einzelfällen, wobei die Ergebnisse der jeweiligen Studien kaum miteinander in Bezug gesetzt werden. Das Projekt setzt sich daher zum Ziel, die Grundlagenforschung voranzutreiben und auf dieser Basis sowohl regional vergleichende Ansätze zu verfolgen als auch Perspektiven einer umfassenden, Frauen und Männer gleichermaßen integrierenden Geschlechtergeschichte zu eröffnen. In einem allerersten Schritt wurde an der Christian Albrechts-Universität zu Kiel eine Ringvorlesung veranstaltet, die ihren Fokus in epochenübergreifender Weise auf Schleswig-Holstein gesetzt hat, aber auch Anknüpfungspunkte an den Raum Südtirol eröffnete. Die Publikation der Beiträge befindet sich momentan in Vorbereitung.
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Die Ankündigung der Publikation finden Sie hier.
Zum Pressespiegel der Ringvorlesung sehen Sie hier und hier.
Im römisch-deutschen Reich des Mittelalters spielten Bischöfe und Erzbischöfe als Mittler von weltlicher und geistlicher Sphäre – als Kirchenfürsten unter der Oberhoheit des Papstes einerseits und als Reichsfürsten unter der Oberhoheit des Königs andererseits – eine bedeutende Rolle. Die bisherige Forschung wurde allerdings über weite Strecken von einem nur geringen Spektrum an Paradigmen und Narrativen dominiert, wohingegen es an vergleichenden Untersuchungen mangelt. Das Projekt verfolgt daher das Ziel, die Reichsbischöfe des hohen Mittelalters als Akteure in den Mittelpunkt zu stellen und mit Hilfe des Konzepts der Handlungsspielräume zu untersuchen. Als Fallgruppe dienen dabei diejenigen Prälaten, die im Laufe ihrer Amtszeit wesentliche Grundlagen ihres Amtes etwa durch Vertreibungen oder das Wirken von Gegenbischöfen oder sogar ihr Amt selbst zum Beispiel durch Rücktritte, Absetzungen oder Mordanschläge einbüßten. Diese Fallgruppe von im weitesten Sinne gescheiterten Geistlichen erweist sich als besonders reizvoll, weil sie durch die zunehmende Einschränkung ihrer Handlungsspielräume die Relevanz derselben hervorzuheben vermag. Insgesamt wird das Projekt somit grundlegende Erkenntnisse zur hochmittelalterlichen Bischofsherrschaft zu Tage fördern und damit Einblicke in Strukturen ermöglichen, die für die mittelalterliche Gesellschaft zentral waren.
Aktuelle Publikationen:
Nina Gallion, Exemt, frei und unabhängig? Die Bischöfe von Kammin in vorreformatorischer Zeit, in: Przegląd Zachodniopomorski 33/4, 2018, S. 95–123. (online unter: https://wnus.edu.pl/pzp/pl/issue/916/).
Der Bischof im mittelalterlichen Reich. Aktuelle Forschungsansätze und Perspektiven, hg. von Nina Gallion/Frederieke M. Schnack (Studien zur Germania Sacra, Neue Folge), Berlin/Boston 2020, in Vorb.
Mehr ein besonderes Forschungsinteresse als zurzeit ein konkretes Forschungsprojekt gilt dem Wandel von Familienstrukturen und der rechtlichen Stellung von (Ehe-)Frauen im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert. Im Kontext dieses Themenkomplexes bin ich dem internationalen und interdisziplinären Arbeitskreis „Gender Differences in European Legal Cultures“, der sich wieder im Februar 2021 in Vancouver treffen wird, ebenso verbunden wie dem „Family and Kinship Network der German Studies Association“. Universitätsintern bringe ich diese Interessen im Rahmen der interdisziplinären Arbeitsgruppe 4 „Sprache und Gesellschaft“ des Forschungsschwerpunktes SoCuM (Sprecherin: Prof. Dr. Antje Lobin) ein. Zuletzt vorgetragen zu dem Thema habe ich auf der Jubiläumstagung „Übergänge“ (Stuttgart-Hohenheim, 24.-26.10.2019) des Arbeitskreises Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit sowie der Tagung „Open Kinship? Social and Legal Practices from Gender Perspectives (1450-1900)“ (Wien, 26.-28.9.2019).
Publikationen:
Regina Schäfer: Inheritance Disputes from Ingelheim Court Records on the Threshold of the Early Modern Period (Fourteenth to Fifteenth Centuries). In: Margareth Lanzinger et al. (eds.), Stipulating - Litigating - Mediating. Negotiations of Gender and Property, Leiden, Brill (erscheint voraussichtlich 2020).
An der Spitze einer mittelalterlichen Universität stand ihr Rektor. Seine Aufgabenbereiche waren vielseitig und umfassten u. a. herrschaftliche, administrative, finanzielle und repräsentative Aspekte. So oblag es an einigen Universitäten ihm, die Matrikel zu führen, und er vertrat die Universität sowohl nach innen gegenüber der Studentenschaft und dem Lehrkörper als auch nach außen gegenüber der Kurie, weltlichen Herrschern wie dem Kaiser, Königen und Landesherren sowie städtischen Eliten. Trotz dieser zentralen Rolle in der Organisation hat sich die einschlägige Forschung bisher kaum mit den Universitätsrektoren auseinandergesetzt. Im Rahmen des Projektes soll daher die Rolle der Rektoren in der Anfangszeit der jungen Universitäten in den Blick genommen werden. Insbesondere die Zeitspanne vom 14. bis zum frühen 16. Jahrhundert ist durch eine Welle an Universitätsgründungen mit insgesamt 34 neuen Standorten in beiden Reichen und einer dementsprechend großen Zahl an neuen Rektoren gekennzeichnet. Bei der Untersuchung dieser Rektoren sollen insbesondere Fragen zu den (I) Auswahlkriterien der frühen Rektoren, (II) ihren Einflussmöglichkeiten auf die jungen Universitäten und (III) ihren sozialen Netzwerken mit Fürsten und ihren Höfen, der Kurie, anderen Universitäten, Humanistenzirkeln und städtischen Eliten im Fokus stehen.