H. Ochs: Mainzer Geschlechter

Mainzer Geschlechter im Spätmittelalter. Das Beispiel der Familien zum Jungen, zum Gensfleisch und der Löwenhäupter.

Die Familien zum Jungen und zum Gensfleisch zählten im spätmittelalterlichen Mainz - genauer in der Phase der Geschichte der Stadt, in der sie als Freie Stadt galt - zu dem Kreis von Familien, der von den Zeitgenossen die Geschlechter genannt wurde, in der Forschung im allgemeinen als Patriziat bezeichnet wird. Die Geschlechter besetzten bis ins 14. Jahrhundert hinein den städtischen Rat und die städtischen Ämter und bestimmten somit die "Innen- und Außenpolitik" der Stadt Mainz. Die Alleinherrschaft der Geschlechter im Rat wurde in den Jahren 1332/1333 durch den Erfolg der "gemeinde" in den innerstädtischen Auseinanderset-zungen zwar beendet, aber sie blieben dennoch in bezug auf Regierung und Verwaltung der Stadt privilegiert.

Die Vorrangstellung der Geschlechter innerhalb der städtischen Gesellschaft in Mainz wurde durch ihre ständischen und wirtschaftlichen Privilegien, das heißt das Dienst-, das Münzerhausgenossen- und das Gadenrecht, begründet. Als Ausweis ihrer sozialen Stellung sowie ihres Reichtums können die zahlreichen Renten und der Grundbesitz der Familie innerhalb und außerhalb der Stadt Mainz gelten sowie die Lage ihrer Höfe in der städtischen Topographie. Wenigen Familienzweigen gelang es darüber hinaus, Lehen vom Erzbischof, von Adligen des Umlandes oder vom Reich zu erhalten oder verwandtschaftliche Beziehungen mit dem Niederadel zu knüpfen.

Obwohl die Familien zum Jungen und zum Gensfleisch in der Forschung durchaus Beachtung gefunden haben - die Familie zum Jungen in erster Linie aufgrund ihrer Beziehungen zu den Herrschern des Heiligen Römischen Reiches und die Familie zum Gensfleisch aufgrund ihres berühmtesten Mitglieds Johannes Gensfleisch gen. Gutenberg - sind auch diese Familien bis-her nicht eingehender bzw. unter neueren sozialgeschichtlichen Fragestellungen untersucht worden. Ebenso wie Arbeiten zu einzelnen Familien fehlt bislang eine umfassende Erforschung des Mainzer Patriziats.
Im Rahmen der Dissertation soll anhand des Beispiels dieser beiden Familien untersucht werden, welche Merkmale das Mainzer Patriziat gekennzeichnet haben könnten. Methodisch baut die Untersuchung auf der bewertenden Prosopographie auf. Wesentlich wird dabei die Beantwortung der Fragen sein, wie die Führungsrolle der Mainzer Geschlechter im politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich sichtbar wurde, welchen Veränderungen sie unterlag, aber auch welche Unterschiede sowohl zwischen den Familien als auch innerhalb einer Familie festzustellen sind.