Gutenberg und sine frunde. Studien zu patrizischen Familien im spätmittelalterlichen Mainz

 

Dissertationsprojekt

Heidrun Ochs

Johannes Gutenberg und Heinrich zum Jungen lebten im 15. Jahrhundert in der Stadt Mainz. Während der eine – Gutenberg – sich zeit seines Lebens hauptsächlich um seine Erfindungen und seine Unternehmungen gekümmert zu haben scheint, wohl nicht verheiratet war, sich nicht in der städtischen Politik betätigt hat und um dessen finanziellen Mittel es in dieser Zeit vermutlich nicht gut bestellt war, war der andere – Heinrich zum Jungen – Mitglied des Mainzer Rates, fungierte für diesen als Städtebote, verfügte über gute Kontakte zum Adel des Umlandes, besaß große Güter und finanzielle Mittel, war Reichslehnsmann, Lehnsmann der Pfalzgrafen und des Erzbischofs von Mainz.
Johannes Gutenberg und Heinrich zum Jungen haben sehr unterschiedliche Lebenswege und sehr unterschiedliche Interessen gehabt. Aber ihre Familien zählten beide zum Kreis jener reichen und alteingesessenen Familien, der von den Zeitgenossen die Geschlechter oder die Alten genannt wurde und in der Forschung im Allgemeinen als Patriziat oder Stadtadel bezeichnet wird. Obwohl sich die Forschung seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts intensiv mit diesen Familien beschäftigt hat und dem Patriziat zahlreicher Städte bereits umfangreiche Untersuchungen gewidmet wurden, ist die Forschungslage zum spätmittelalterlichen Mainz nur in wenigen Punkten über den Stand des 19. Jahrhunderts hinausgekommen, was vor allem in der problematischen Quellenlage begründet liegt. Deshalb lässt sich bisher nicht sagen, welche Interessen patrizische Familien verfolgt haben, die – wie die Beispiele zeigen – sehr unterschiedlich sein konnten, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich für die Mainzer Patrizier feststellen lassen und durch welche Merkmale das Mainzer Patriziat charakterisiert wird.
Den Ansatzpunkt der Untersuchung bildet die personale Identität der Patrizier. Sie wurde untersucht über das Handeln innerhalb verschiedener Handlungsspielräume, die durch die verschiedenen Lebenskreise (u.a. Familie, Stadtherr, Stadtgemeinde) gebildet wurden. Durch welche Gruppenzugehörigkeiten wurde die personale Identität der Mainzer Patrizier wesentlich bestimmt? Ob und inwieweit konkurrierten diese verschiedenen Bezüge miteinander? Welche Entscheidungen trafen die Patrizier im Fall, dass sich die Interessen nicht miteinander vereinbaren ließen?
Diesen Fragen wird exemplarisch anhand der drei Familienverbände zum Jungen, Gensfleisch und die Löwenhäupter nachgegangen. Dabei werden die Familienverbände als die durch das Führen eines gemeinsamen Wappens gekennzeichneten Abstammungsfamilien verstanden und mittels prosopographischer Arbeitsweisen untersucht. Das Vorgehen ermöglicht zum einen den umfassenden Blick auf die einzelnen Familienverbände, zum anderen aber auch eine vorsichtige Verallgemeinerung der erhaltenen Ergebnisse im Hinblick auf das Mainzer Patriziat.

Das Promotionsverfahren ist abgeschlossen, die Dissertation ist 2014 in der Reihe Geschichtliche Landeskunde erschienen.