P. Jeschke: Ländliche Rechtsquellen

Ländliche Rechtsquellen aus Rheingauer Gemeinden.

Im Rahmen der Dissertation wurden Quellen ediert, die im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, dem Staatsarchiv Würzburg und den Archiven der Rheingauer Gemeinden aufbewahrt werden. Die Entwicklung und die Struktur der zwanzig Rheingauer Gemeinden konnten so bis zum Ende des 16. Jahrhunderts dargestellt werden, insbesondere konnte ein Beitrag zum Begriff der sogenannten Rheingauer Freiheit geleistet werden. Die Sonderstellung dieser Gemeinden im Kurfürstentum Mainz beruhte darauf, daß die Bauern frei waren und daß es - mit wenigen Ausnahmen - im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit keine Leibherrschaft gab. Die Gemeindemitglieder bestimmten oder wählten ihre Amts- und Mandatsträger, lediglich der vom Erzbischof eingesetzte Schultheiß hatte eine Sonderstellung. Charakteristisch war die Verwaltung der Almende, die im Zusammenwirken des grundbesitzenden Adels und der freien Bauern in den sogenannten Haingerichten erfolgte.
Die überlieferten Rechtsordnungen betreffen zu einem großen Teil die Rechte und Pflichten der von der Gemeinde bzw. dem Rat eingesetzten Amtsträger, die zumeist in jährlichem Wechsel die zahlreichen Aufgaben wahrnahmen, die in der Gemeinde anfielen. Neben diesen Ordnungen, die einen Einblick in das Gemeindeleben geben, wurden auch Vereinbarungen zwischen den Gemeinden in die Edition aufgenommen, sowie Quellen, die das Verhältnis zum Landesherrn und zu seinen mit der Verwaltung des Rheingaus Beauftragten, nämlich Viztum und Landschreiber, erkennen lassen.
Nach ihrer Teilnahme an den Bauernaufständen verloren die Rheingauer viele ihrer Sonderrechte, als Erzbischof Albrecht 1527 eine Landordnung erließ, insbesondere das Recht, Mandatsträger wie Geschworene und Mitglieder der Haingerichte zu wählen. Die nach 1527 erlassenen Rechtsordnungen bestätigten und präzisierten zwar häufig bereits vorher bestehende gemeindliche Verwaltungsstrukturen, stellten dann aber mehr und mehr Umsetzungen kurfürstlicher Anweisungen dar, so daß viele Besonderheiten der Rheingauer Freiheit verloren gingen.